von Rechtsanwalt Dr. Florian Schlenker, Stuttgart
Für den Fall des Eintritts der Berufsunfähigkeit auf Grund einer Erkrankung kann sich glücklich schätzen, wer in der Vergangenheit eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) oder eine die Lebensversicherung ergänzende Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) abgeschlossen hat.
Allerdings wird die Schwierigkeit, tatsächlich an die vereinbarte Berufsunfähigkeitsleistung zu kommen, häufig unterschätzt. Mit einer einfachen Meldung beim Versicherer ist es nicht getan. Dies liegt am Begriff der Berufsunfähigkeit, welcher für den Eintritt des Versicherungsfalls entscheidende Bedeutung hat und je nach Versicherungsvertrag unterschiedlich gestaltet sein kann.
Nach § 2 Abs. 1 der Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft (BUV) liegt Berufsunfähigkeit vor, „wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls (...) außerstande ist, ihren Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.“ (Mehr zum Thema BUV unter http://www.prettl.de/taetigkeitsbereiche/versicherungsrecht/berufsunfaehigkeitsversicherung.html)
Es genügt also nicht, dem Versicherer schlicht mitzuteilen, dass man krank ist und nicht mehr arbeiten kann. Vielmehr muss detailliert dargelegt werden, wie das aktuelle Berufsbild aussieht, welche Symptome die Krankheit hat und wie diese sich auf den aktuellen Beruf ganz konkret auswirken. Gleichzeitig kann bei falscher Darstellung für die Versicherung die Tür zu einer Verweisung des Versicherten in eine andere Tätigkeit aufgestoßen werden. Neben der Beachtung weiterer Obliegenheiten im Versicherungsfall kommt es darauf an, dem Versicherer bereits bei der Meldung des Versicherungsfalls zu demonstrieren, dass der Versicherungsnehmer mit insoweit relevanten Feinheiten des Versicherungsrechts vertraut ist und den Sachverhalt so aufbereiten kann, dass auch eine Prozessführung im Notfall von vornherein als Möglichkeit aufgezeigt wird. Dies gelingt nicht durch plumpe Drohung, sondern durch präzise Darstellung der relevanten Tatsachen und deren versicherungsrechtlicher Aufbereitung.
Zu beachten ist, dass dies ein hohes Maß an der Fähigkeit, strukturiert und konzentriert zu denken und zu arbeiten voraussetzt. Versicherte, die wegen einer psychischen Erkrankung, z.B. einer Depression, welche mit Antriebs- und Konzentrationsschwierigkeiten verbunden ist, berufsunfähig sind, sollten keinesfalls versuchen, die Darstellung des Versicherungsfalls gegenüber dem Versicherer ohne Rechtsanwalt selbst zu unternehmen. Es besteht die Gefahr der Argumentation des Versicherers, dass derjenige, dem dies gelingt, auch in der Lage ist, in bestimmtem Umfang weiterhin zu arbeiten.
Wie bei jedem Versicherungsfall ist also ganz besonders bei beginnender Berufsunfähigkeit zu beachten: Der erste Anruf gilt dem auf Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt, um nicht von vornherein die Chancen auf Versicherungsleistung zu vergeben. Ein einmal unglücklich dargestellter Sachverhalt lässt sich hinterher auch durch einen Spezialisten nur schwer oder gar nicht mehr erfolgreich korrigieren.
Dr. Florian Schlenker, Rechtsanwalt Versicherungsrecht, Stuttgart (Vertretung bundesweit)
Mehr Informationen unter http://www.prettl.de/team/ansprechpartner/dr-florian-schlenker.html